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Für ein Europa des Friedens und der Solidarität

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Stefan Liebich -  Foto: Fotostudio Charlottenburg, Arlett Matteschek

Stefan Liebich – Foto: Fotostudio Charlottenburg, Arlett Matteschek

Die Europäische Union steht am Scheideweg. Immer mehr Menschen verbinden Europa mit wachsender Armut und Arbeitslosigkeit, mit Abschottung und überbordender Bürokratie, mit Krise und Inflation.

Dabei war das Ziel nach dem Zweiten Weltkrieg ein anderes. Es galt ein Europa des Friedens und des sozialen Fortschritts aufzubauen, mit Wachstum und Wohlstand für alle als verbindende Idee. Gerade linke Politiker wie z.B. Der Kommunis Altiero Spinelli machten sich hierfür stark.

Heute ist die EU eine Institution, die sich im Wirrwarr ihrer Regelungen verheddert hat und mehr und mehr Opfer neoliberaler Interessengruppen wird. Viele Projekte der letzten Jahre, die mit dem Etikett der Integration verkauft wurden, beinhalten Regelungen, die von den Menschen in vielen Ländern Europas abgelehnt wurden. Die nicht enden wollenden Privatisierungen öffentlichen Eigentums und der damit verbundenen Zerschlagung kommunal kontrollierter Strukturen in der öffentlichen Daseinsvorsorge, der Abbau von Rechten von Arbeitern und Angestellten fordern zu vielfältigem Widerstand heraus.

Besonders die Folgen der Finanzkrise, von den Regierungen der Mitgliedsstaaten der EU als eine Krise der Staatsfinanzen verbrämt und in eine Schuldenkrise (der Menschen) uminterpretiert, hatten und haben Einschnitte zur Folge, die in ihren Dimensionen und Auswirkungen für den Sozialstaat einmalig sind.

Auch wenn die Auswirkungen in Deutschland derzeit noch nicht in voller Härte zu spüren sind, so haben sie in anderen Mitgliedsländern der EU beängstigende Ausmaße angenommen. Eine Jugendarbeitslosigkeit von bis zu 60 Prozent wie etwa in Spanien, Italien oder Griechenland zerstört eine Gesellschaft und ihre Perspektivfähigkeit nachhaltig. Im Ergebnis entfremdet es diese Gesellschaften vom europäischen Projekt, die Krisenpolitik in der EU ist, so paradox das auch klingen mag, somit durchaus als antieuropäisch zu charakterisieren.

Um eine erfolgreiche Kooperation unterschiedlich produktiver Volkswirtschaften unter dem gemeinsamen Euro-Dach zu ermöglichen, ist es erforderlich, dass sich die EU hin zu einer Ausgleichsunion weiterentwickelt. Ausgleichszahlungen helfen, die wirtschaftlichen Ungleichgewichte innerhalb des Euro-Raums abzubauen. Pflichten und Rechte werden von Geber- und Nehmerstaaten gemeinsam vereinbart.

Europa benötigt eine Demokratieoffensive. Die Regierungen haben eben kein Mandat, europäische Krisenpolitik an den Parlamenten vorbei zu betreiben. Zentrale politische Weichenstellungen brauchen hingegen ein Mandat der Bevölkerung, durchaus auch in Form eines Volksentscheids. Auch die verstärkte Einbeziehung von Gewerkschaften und anderen Nichtregierungsorganisationen ist für die notwendige Demokratisierung des europäischen Integrationsprozesses unabdingbar.

Dem europäische Einigungsprozess fehlt zudem eine verbindliche und zugleich identitätsstiftende Leitidee. Frieden, Solidarität, Freiheit und Gerechtigkeit sind jene Werte, für ein Europa, wie wir es wollen. Das Ziel linker Politik sollte es sein für so ein Europa, für so eine Europäische Union zu werben und zu kämpfen. Ein zurück zum Nationalstaat kann hingegen niemals Ziel linker Politik sein, denn links ist international.

Der Artikel ist ein Beitrag zur linken Debatte über die EU und Europa – Autor ist der Bundestagsabgeordnete Stefan Liebich.


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