Heute fand die Europaweite Großdemonstration zur Solidarität mit den Aktivisti_innen der Türkei in Köln statt. Mehr als 50.000 Demonstrant_innen folgten dem europaweitem Aufruf der „Alevitischen Gemeinde Deutschland“ um kamen um Heumarkt. Ein Eindruck.
In ihrem Aufruf fordert die Alevitische Gemeinde „Schluss mit Erdogans Diktatur“. Der populistische Ausspruch wird von den Schreibern im Aufruf weiter ausdifferenziert: „Der türkische Ministerpräsident Erdoğan, der durch seine Gewaltrhetorik die Eskalation der Lage verursacht hat, muss zurücktreten und es müssen unmittelbar Neuwahlen stattfinden.“
Auf dem Platz sind Fahnen der interventionistischen Linken, DER LINKEN, DIDF, Alevitischen Gemeinde, Linksjugend [solid], SPD und vieler weiterer Organisationen zu sehen. Um 12.00 Uhr begann die Kundgebung am Heumarkt in Köln. Im Anschluss war eine Demonstration geplant. Die Polizei versuchte die Demonstrant_innen daran zu hindern, die geplante Demonstrationsroute wahrzunehmen. Nach Aussaugen der Beamten, seien zu viele Demonstrant_innen auf dem Platz und man könne die Sicherheit während der Demonstration nicht mehr gewährleisten. Mehrere Tausend Aktivist_innen Liesen sich nicht beirren und zogen bis zum Kölner HBF, wo sie sich der brasilianischen Soli-Demo anschlossen.
Hier muss man sich allerdings Fragen, inwieweit Parteien die Kundgebulng bereits als Wahlkampf nutzen. Erstaunlich ist, dass die CDU weiterhin zurückhaltend mit ihrer Kritik an der türkischen Regierung ist. Die Positionen der Bundestagsparteien zu Erdoğan sind eindeutig. Keine Partei hat sich so klar gegen Erdoğan als auch gegen Waffenlieferungen an die Türkei ausgesprochen wie DIE LINKE. Diese Nachricht ist leidglich bei Claudia Roth nicht angekommen. Die Grünenpolitikerin behauptete nach einer aktuellen Stunde im Bundestag, die LINKE hätte sich nicht klar genug positioniert. Die CDU hngegen positioniert sich weit weniger kritisch. Ruprecht Polenz, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages: “Es ist überzogen, Erdogan als Diktator zu bezeichnen“ Anders sieht es sein Parteikollege und Europapolitiker Elmar Brok: „Die Menschen spüren das, dass hier ein Machtwille vorhanden ist, der nicht mit demokratischem Verständnis zu vereinbaren ist.“
Aus Ungarn kommen harte Worte. Das Autoritäre Regime in Budapest verbrüdert sich mit der Regierung in Istanbul: “Es wäre unverantwortlich und eine Erpressung, wenn man die EU Gespräche mit der Türkei gerade jetzt aussetzt”. Was für ein Demokratieverständnis hinter den Worten des ungarischen Staatssekretärs Nemeth stehen, lässt sich nur erahnen. Eins ist jedoch sicher: Es geht hier lediglich darum, dass die “richtigen” Demonstranten niedergeknüppelt werden. Denn kommt es zu Polizeigewalt gegenüber konservativ-nationalistischen Kräften, ist Ungarns zumeist das erste Land, das sich solidarisiert. “Die Parallelen zwischen den Regimen Erdogan und Orbán liegen auf der Hand. Budapest ist heute mehr Ankara, müsste aber alsbald Istanbul werden.” schließt Csaba Szabó vom Pester Lloyd
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Auch die Zugänge zum Heumarkt waren dicht.
Selbst bei dieser Demonstration, aller Hoffnung, gelebter Solidarität und positiver Energie, die eine solche Demonstration mit sich bringt: Die Regierung Erdoğans ist weiterhin in einer starken Position: Ihre Umfragewerte belaufen sich auf 50%, es gibt zentral organisierte Gegendemonstrationen und die Medien befinden sich zu großen Teilen in der Hand von Regierungsmitgliedern.
Heute Abend findet ein weiteres Solidaritätskonzert statt. Es soll dem Tag einen friedlichen Ausklang verschaffen und den Demonstranten in Köln Mut machen. Und auch wenn Erdoğan den “Sieg über die Unruhestifter” verkündet hat, so ist der Widerstand der Bevölkerung noch lange nicht zu Ende.