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Präsidialkabinett in Tschechien!

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Prćsident Miloš Zeman (l.) Foto: Maciej Śmiarowski/KPRM

Prćsident Miloš Zeman (l.) Foto: Maciej Śmiarowski/KPRM

Tschechien. Der sozialdemokratische Präsident Tschechiens Miloš Zeman übergeht das Parlament und ernennt den ehemaligen Finanzminister Rusnok zum neuen Premier. Der rechte Flügel des Parlaments hatte zuvor den Präsidenten darüber in Kenntnis gesetzt, dass 101 der 200 Abgeordneten zu einer Koalition zusammen kommen. Dieser ignorierte das schreiben und setzte Jiri Rusnok ein. Nun bleibt die Frage: Wie lange wird sich die neue Regierung im Amt halten und was macht das Parlament?

Das kleine Land zwischen Polen, Deutschland, Österreich und der Slowakei ist eine parlamentarische Republik. Der seit Januar amtierende Staatspräsident, Miloš Zeman, ist der erste direkt vom Volk gewählte Präsident Tschechiens. Daraus leitet er für sich selber eine höhere Legitimität ab, als er seinen Vorgängern zugesteht. Gleichzeitig wurde die Verfassung des Landes in vielen Punkten nicht genau genug angepasst Der Präsident nutzt diese verfassungsrechtlichen Grauzonen, um ein Präsidialkabinett zu installieren, nachdem der ehemalige Premierminister Necas aufgrund eines Abhörskandals zurücktreten musste.

Das Vorgehen des tschechischen Präsidenten erinnert stark an die Präsidialkabinette der Weimarer Republik. In den letzten Vorkriegsjahren beauftragte Reichspräsident Hindenburg über Notstandsverordnungen Politiker mit der Regierungsbildung. Diese regierten das Land im Anschluss über Notverordnungen, da sie über keine entsprechende Mehrheit im Parlament verfügten.

Zeman will mit seinem harschen Vorgehen das Volk vor einer weiteren „Mitte-Rechts“ Regierung bewahren, die in seinen Augen sowieso alles falsch mache. Am wahrscheinlichsten ist es, dass Miloš Zeman versuchen wird sein bzw. das sozialdemokratische Programm zu forcieren: Dabei geht es unter anderem um einen höheren Mindestlohn oder die Einführung von Direktdemokratischen Mitteln.

Jiri Rusnok, der neue Premier, soll innerhalb von 14 Tagen eine neue Regierung bilden, ganz ohne Parlament. Die Kabinettsbildung will der Präsident nicht beeinflussen: „Der Premier hat freie Hand“. Um einem Präsidialkabinett  zu entkommen, bleibt dem Parlament nur eine Option: Die Selbstauflösung des Parlaments mit einer 3/5 Mehrheit. Die neu zu bildende Regierung wäre nicht das erste Kabinett, das ohne parlamentarische Mehrheit herrscht.

Es bleibt abzuwarten, ob der Schritt des Präsidenten die Demokratie in Tschechien stärken oder schwächen wird.


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