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Bosnischer Frühling – Neue Proteste im ganzen Land

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Für heute haben die Menschen Bosnien Herzegowinas erneute Proteste gegen Sozialabbau, Privatisierung und Ausbeutung angekündigt. Ab 12 Uhr wollen die Menschen erneut auf die Straße gehen. Unter dem Motto “Für ein besseres Morgen” trotzen die Menschen der massiven Gewaltanwendung der Polizei.In einigen Städten sind die Menschen bereits auf zentralen Plätzen zusammengekommen. Die Freiheitsliebe Berichtete bereits über den Beginn des Massenaufstandes, als gestern in mehreren Städten Bosniens Proteste gegen die Regierungen und die Wirtschaftsbosse des Landes ausgebrochen waren.

Ursprung Tuzla

Armut, Hunger, Korruption, Privatisierung und Massenentlassungen sind nur einige der Dinge, die die Menschen in Bosnien seit 1990 ertragen mussten. Das Land, dass nach mehreren Jahren Krieg ‚endlich‘ im Kapitalismus angekommen war, konnte sich wohl nie so recht daran gewöhnen, oder doch? Immerhin bildete sich schnell eine bosnische Oberschicht ist, die in Familienartigen Clans die gesamten ‚Kornjuwelen‘ Bosniens zu unsagbar günstigen Preisen verscherbelte. ArbeiterInnen, StudentInnen und RenterInnen blieben auf der Strecke – eine Privatisierungswelle folgte der nächsten, die Wirtschaft ging Pleite oder viel in die Hände von skrupellosen Managern, die nur an Profitmaximierung dachten. Am 05. Februar begannen die Proteste in Tuzla, einer der bedeutendsten Industriestädte Bosniens. Zumindest war sie das eins: Durch Korruption und Privatisierung sind die Unternehmen fast Ausnahmslos an den Rand des Ruins gedrängt worden. Viele der ehemaligen Kohle, Salz und Chemiefirmen haben bereits ihre Pforten geschlossen und jene die noch Offen sind, zahlen den Arbeitern bereits seit Monaten keine Gehälter. Denn während die Armen immer ärmer wurden, wurden die reichen immer Reicher:
Dies wollen und können die Menschen nicht mehr ertragen, ihnen fehlt das Geld für Wasser und Brot – darum zogen gestern Mehrere Hundert Menschen vor das Gebäude der Kantonsregierung in Tuzla, doch diese lehnte jegliche Verhandlungen ab und bot lediglich einigen Gewerkschaftern ein Gespräch an. Das lehnten die Betriebsräte der betroffenen Firmen ab.


Gestrige Demonstrationen

Gestrige Demonstrationen

“Für ein Besseres Morgen”

Inzwischen sind mehr als 100 PolizistiInnen und über 40 DemonstrantInnen mit leichten bis teils sehr schweren Verletzungen in örtliche Krankenhäuser eingeliefert worden. Viele der Protestierenden in Tuzla haben versucht die PolizistInnen davon zu überzeugen, ihre Schilder und Stöcke fallen zu lassen und sich den Reihen der DemonstrantInnen anzuschließen um gegen die Regierung und das korrupte System zu protestieren. dich diesem Aufruf scheinen nur wenige Beamte gefolgt zu sein, denn im Internet und auf der Straße herrscht vornehmlich Wut auf die Menschen in Uniform. Sie werden als „Abfall und Strohmänner“ bezeichnet. Viele stellen die Intelligenz der PolizistInnen in Frage, wenn sie eine solche Regierung verteidigen, anstelle sich mit den Protestierenden zu solidarisieren.
Unter dem Motto „50.000 + X“ auf die Straße, organisieren sich die Massen per Internet zu Protesten. Inzwischen sind Proteste in Tuzla, Sarajevo, Prijedor, Bugojn, Orašjo, Lukavac, Banja Luka, Zenica und vielen weiteren Angekündigt. Den Demonstrationen schlossen sich in vielen Städten StudententInnen, Fußball Fans, RenterInnen usw. an Die Fans von Sloboda Tuzla wollen heute mit über 100 Anhängern in die Demonstration eingreifen und haben dazu bereits über 60 Liter Co² gelagert, wozu genau, ist nicht bekannt.

Polizeigewalt

Die Polizei hat mehrfach versucht, die juristische Fakultät zu stürmen, musste sich aber beim Widerstand der StudentInnen geschlagen geben. Beim Rückzug aus der angrenzenden Umgebund, spritzte ein Polizeibeamter unbeteiligten ohne ersichtlichen Grund Pfefferspray ins Gesicht.

Auch die Gewalt gegenüber Journalisten nimmt zu. Auf mehreren Videos sieht man, wie Fotografen und Journalisten erst dann verschont werden, nachdem sie Minutenlang schreien: „Ich bin Journalist, Journalist, Journalist.“

Riesige Unterstützung im Internet

Die Protestierenden erfahren im Internet eine riesige Unterstützung. So haben nicht nur Prominente aus dem gesamten ehemaligen Jugoslawien ihre Sympathien für die Revolte ausgedrückt, sondern auch die Social Media Community versucht sich mit den Menschen zu solidarisieren. Auf der Seite „Unterstützen wir die Proteste in Bosnien“ haben sich innerhalb von wenigen Tagen über 44.000 Likes angesammelt. Auch auf Twitter ist die Resonanz riesig. So schreibt ein Twitterer: „Die Situation in Tuzla sei dramatisch und außer kontrolle, aber wenn die Leute nicht einmal Brot Essen haben ist es nicht dramatisch?“.

twitter

Antikapitalistischer Charakter

Die Protestierenden sind Menschen, die sich zumeist von der Politik abgewandt haben. Politikverdrossenheit, nennt man das ganze in Deutschland. Doch gerade diese Menschen, die sich von der Politik in ihrem, aber auch im EU Ausland, im stich gelassen fühlen erheben nun ihre Stimme. „Wahlen bringen nix, die Proteste müssen sich ausweiten“ war von vielen Demonstrierenden zu hören. Die Ökonomin Svetlana Cenić erklärte gegenüber „Slobodna Evropa“: „ Die größte Furch der Regierung ist, das sich eines Tages das Volk vereint. Ich glaube, dass das die größte Furcht unserer Elite ist.“ Die nächsten Tage werden zeigen, wie sich der Widerstand gegen Korruption, Machtmissbrauch und Profitgier entwickelt.

Keine ernstzunehmende Linke Kraft

Den Protesten in Bosnien und Herzegowina fehlt ein durchaus entscheidendes Momentum: Die konkrete Forderung und die fehlende Linke Kraft in den ehemaligen jugoslawischen Republiken. Zwar existieren in allen Ländern kleine, vereinzelte Gruppierungen und Parteien, doch keine die den Willen der Masse in Forderungen oder Ideen artikulieren könnte. Die Partei der Arbeit bemängelt, „Die Zufälligkeit, Desorganisation und die Naivität der Massen in den frühenden Tagen dieser Rebellion bedeutet nicht, dass die Massen nicht schnell die Ideen und die Taktiken des Klassenkampfes verstehen und erlernen könnten.“ Die Partei der Arbeit Jugoslawiens ist die aktuell einzige Gruppierung, die sich über alle ehemaligen Teilrepubliken erstreckt. Vor allem im Internet waren sie einer der ersten Akteure, welche Live von den Unruhen berichteten.

Etablierte Gewerkschaften und Vereinigungen versuchen die Aufstände zu besänftigen. So erklärte z.B. die Vereinigung der Arbeitslosen Bosnien und Herzegowinas, dass sie ihren Mitgliedern empfiehlt, sich von den Kundgebungen und Demonstration fernzuhalten. Es könne nicht sein, dass man auf der einen Seite seine Rechte einfordert, aber gleichzeitig jene der Polizei mit Füßen trete. Auch die Zentralregierung in Sarajevo ruft zum Ende der Proteste auf. Nermin Nikšić, Präsident der Föderation Bosnien und Herzegowina behauptet, jeder hätte das Recht seine Meinung zu äußern, aber nur friedlich und ohne Gewalt. Die Chefs der Kantonspolizeien haben sich bereits zu mehreren Koordinierungstreffen mit der Regierung getroffen, wie sie heute vorgehen werden ist unklar.
Über Nationale Grenzen hinweg

Der Protest zeigt, das auch im ehemaligen Jugoslawien ethnische Grenzen ihre ‚Grenzen‘ kennen. Denn seit 2 Tagen nun protestieren Kroaten, Bosniaken und Serben Seite an Seite für eine gemeinsame Sache und gegen die korrupte Wirtschaft und Regierung.
Weiterführende Links:

http://www.lupiga.com/vijesti/foto-prica-o-tuzlanskoj-revoluciji-kad-siromastvo-i-glad-ljude-natjeraju-na-ulicu


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