Das amerikanische News-Portal VICE News zeigt eine Reportage mit Material vom derzeit wohl gefährlichsten Ort der Welt. Der Journalist Medyan Dairieh bekommt als erster Journalist Zugang zu den sunnitischen Extremisten des Islamischen Staates (IS) im Irak und in Syrien.
Die Reportage von VICE News-Reporter Dairieh ist in fünf Teile aufgesplittet, von denen bislang die ersten drei veröffentlicht worden sind.
Im ersten Teil reist Dairieh begleitet vom Pressesprecher des IS, Abu Mosa, an die Frontlinie in Rakka, Syrien, wo die IS-Kämpfer Assads Truppen gegenüberstehen.
Vice-Journalist berichtet über IS
Das Video zeigt, über welch hochwertige militärische Ausrüstung und großkalibrige Waffen die Kämpfer verfügen. Unterschiedliche Kämpfer werden interviewt, die die Gründung des Islamischen Staates verkünden. Ein Kind teilt seinen Wunsch mit, den Kriegern von ISIS beizutreten und mit ihnen zu töten. Als Grund führt er an, dass sie Ungläubige und Abtrünnige töten – was offensichtlich nach der Vorstellung des Jungen akzeptabel ist.
Im zweiten Teil wird unter anderem ein Event anlässlich der Gründung des Islamischen Staates gezeigt. Ein gemischtes Publikum, aber besonders viele Jugendliche und Kinder, sind gekommen, um sich die Veranstaltung anzuschauen. Dort werden sie auch aufgefordert, wie an vielen anderen Gelegenheiten, dem religiösen Führer O Abu Bakr al-Baghdadi den Treueeid zu schwören.
Es wird auch deutlich, wie sehr gerade Jugendlichen und Kindern die Doktrin des Islamischen Staates nahegebracht wird.
Sittenwächter kontrolliert Nachbarschaft
Im dritten Teil, der heute vor wenigen Stunden erschienen ist, folgt Dairieh dem Hisbah Patrol Leader (Sittenwächter) Abu Obida. Dieser läuft durch die Nachbarschaft und kontrolliert, dass die Gesetze der Sharia eingehalten werden. Unter anderem kontrolliert er akribisch, dass niemand während der Zeit des Ramadan tagsüber Wasser oder Essen zu sich nimmt. Einen Ehemann, der mit seiner Frau spazieren geht, befiehlt er, einen anderen Schleier für seine Ehefrau zu kaufen und ihr zu untersagen, ihr Kleid anzuheben, damit man die Kleidung darunter nicht sehen kann.
Außerdem bekommt Dairieh die Möglichkeit ein Gefängnis des IS zu besuchen und die Häftlinge zu interviewen. Wegen nach der Sharia verbotenen Alkoholkonsums werden die Insassen ausgepeitscht – einen Häftling erwartet wohl wegen Drogenmissbrauchs die Todesstrafe.
Die ersten drei Teile der Reportage sind mehr als sehenswert. Der Reporter beschreibt die Situation so objektiv wie möglich, was angesichts der offensichtlichen Härte und des Totalitarismus des Regimes leicht aufs Schärfste zu kritisieren wäre.
Man bekommt einen guten Einblick in das gesellschaftliche Leben im IS, auch wenn klar ist, dass Dairieh als westlicher Reporter nicht alles filmen darf, was er möchte. Was zu sehen ist, dient der Propaganda des Regimes; nur aus dem Grund haben die Dschijadisten Dairieh wahrscheinlich hineingelassen. Dennoch: Als verärgerte Bürger dem Sittenwächter Obida entgegenwerfen, dass er sich doch bitte für einen Gefangenen aus der Nachbarschaft einsetzen solle, dieser das jedoch verneint, wird deutlich, dass nicht alle Syrer (oder Bewohner des IS) mit der Haltung der Führer einverstanden sind.